In Schleswig-Holstein startet heute ein zunächst einjähriges Pilotprojekt zur Kastration und zum Chippen herrenloser sowie in menschlicher Obhut lebender Hauskatzen. Unmittelbares Ziel des Projektes ist es, das stetige Wachstum verwilderter Katzenpopulationen in Schleswig-Holstein einzudämmen, langfristiges Ziel ist es, die Zahl der verwilderten Katzen dauerhaft zu reduzieren.
Katzenschutz und Vogelschutz in einem
Klingt wie die Quadratur des Kreises, ist jedoch sehr viel realistischer: Durch die Eindämmung verwilderter Katzenpopulationen mittels Kastration soll zum einen das große Katzenelend unter herrenlosen Katzen reduziert werden und zum anderen auch die Zahl der Vögel, die diesen Katzen bei deren Kampf ums Überleben zum Opfer fallen.
Daher der Aufruf an alle Katzenhalter in Schleswig-Holstein sowie an alle Katzenfreunde, Katzenfeinde und Vogelliebhaber, die jemanden kennen, der jemanden kennt, der eine unkastrierte Katze in Schleswig-Holstein kennt – mitmachen und/oder weitersagen:
Herrenlose Katzen sowie Katzen, deren Halter Sozialleistungen empfangen (Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch – SGB II bzw. XII oder Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII), werden in den Aktionszeiträumen 15. Oktober bis 14. November 2014, 15. Februar bis 31. März 2015 sowie 1. bis 30. September 2015 kostenlos kastriert.
Alle anderen Katzenhalter erhalten in den Aktionszeiträumen für die Kastration männlicher und weiblicher Katzen eine Ermäßigung von 25 Euro von ihrem Tierarzt sowie zusätzlich einen Zuschuss von 25 Euro aus dem Projektfonds für die Kastration weiblicher Katzen.
Außerdem werden alle in Rahmen dieser Aktion kastrierten Katzen gechippt und in einer Datenbank erfasst, so dass die Katze im Falle ihres Entlaufens eindeutig identifiziert und ihrem Besitzer zugeordnet werden kann.
Die Kostenübernahme bzw. Bezuschussung läuft, solange die für diese Aktion bereitgestellten Mittel von derzeit 150.000 Euro reichen. Die Beschränkung der Aktion auf drei Aktionszeiträume soll vermeiden, dass die Katzen zum Zeitpunkt der Kastration trächtig sind.
(Alle Angaben ohne Gewähr – den Text der entsprechenden Pressemeldung finden Sie hier und die genauen Teilnahmebedingungen für diese Aktion erfahren Sie hier.)
Warum dieser Aufwand?
Die Kastration von Katzen ist langfristig die einzig wirksame Lösung zur Beseitigung des Katzenelends sowie zum Schutz von Vögeln vor verwilderten Katzen (auch wenn die Daten hinsichtlich der existenziellen Bedrohung einer Vogelart durch Katzen in Deutschland alles andere als eindeutig sind – aber das ist ein anderes Thema …).
Die Alternative „Wegfangen und als Hauskatzen vermitteln“ kommt nur für vernachlässigenswert wenige frei lebende Katzen infrage. Denn Katzen, die in den prägenden ersten sieben Wochen ihres Lebens nicht an den Umgang mit Menschen gewöhnt wurden, bleiben Menschen gegenüber ihr Leben lang scheu und lassen sich nicht als Hauskatzen vermitteln oder gar in der Wohnung halten. Verwilderte Katzen können daher ausschließlich „in Freiheit“ leben, so hart dieses Leben für sie auch sein mag. Und je stärker sie sich vermehren, desto knapper wird das Nahrungsangebot für die einzelne Katze und desto stärker wird ihr Jagddruck (nicht nur) auf Vögel. Die einzig mögliche Gegenmaßnahme ist daher, die Vermehrung der Katzen zu stoppen.
Die andere von manchen Katzenfeinden und Vogelliebhabern geforderte Alternative, die Tötung frei lebender Katzen durch Abschuss oder Einfangen und anschließendes Töten, ist angesichts der rasanten Vermehrungsrate von Katzen ebenfalls ungeeignet zur nachhaltigen Reduzierung verwilderter Katzen, denn jede getötete Katze bedeutet einen Nahrungskonkurrenten weniger und sichert das Überleben einer anderen Katze, die sonst an Unterernährung gestorben wäre, denn davon gibt es mehr als genug. Das heißt, es würden entweder mehr Jungtiere überleben oder es würden Katzen aus anderen überbevölkerten Gebieten einwandern und sich vermehren, bis die Zahl der Katzen wieder das ursprüngliche Niveau erreicht hat – und das geht bei Katzen rasant schnell. Ein Berg getöteter Katzen gibt denen, die diese Zusammenhänge nicht kennen oder nicht kennen möchten, unzweifelhaft ein angenehmes Gefühl von Tatkräftigkeit und Kontrolle (und befriedigt Rachegelüste …), ist jedoch nichts weiter als blinder und blutrünstiger Aktionismus, der wirkungslos an den Symptomen rumdoktort, statt nachhaltig deren Ursache zu bekämpfen.
Die Kastration von Katzen bedeutet keine Beeinträchtigung – im Gegenteil!
Mit der Kastration Ihrer Katze lässt sich nicht nur das Elend frei lebender Katzen reduzieren, sondern auch das Wohlbefinden Ihrer eigenen Katze steigern. Aus diesem Grund wird heutzutage sogar empfohlen, auch reine Wohnungskatzen kastrieren zu lassen.
Die Kastration ist eine Routineoperation unter Vollnarkose, bei der die Eierstöcke bzw. die Hoden entfernt werden. Die damit einhergehende Unterbindung des Sexualtriebes bewahrt Katzen und Kater vor Frustrationen, die sie bei ständiger Nichterfüllung ihres Sexualtriebes erleiden.
Kater werden durch die Kastration außerdem anhänglicher und häuslicher, verlieren den Drang, ihr Revier mit penetrant riechendem Urin zu markieren, und laufen weniger Gefahr, sich in Katerkämpfen um paarungsbereite Weibchen Krankheiten oder Verletzungen zuzuziehen.
Weibliche Katzen werden durch die Kastration vor regelmäßiger Rolligkeit und möglicher Dauerrolligkeit bewahrt, es reduziert sich ihr Risiko für verschiedene Krebserkrankungen und sie verlieren ggf. ebenfalls den Drang, ihr Revier mit Urin zu markieren (denn ja, auch weibliche Katzen können dies!).
Sind kastrierte Katzen schlechtere Mäusejäger?
Nein, denn der Jagdtrieb gehört – ebenso wie der Sexualtrieb – zu den stärksten Trieben einer Katze. Der Jagdtrieb wird weder von der Fortpflanzungsfähigkeit einer Katze beeinflusst noch durch deren Hungergefühl bzw. Sättigungszustand. Wäre dies anders, ließe sich das Problem vogelfangender Freigängerkatzen im Handumdrehen durch eine Kastration beseitigen. Dies ist jedoch (leider) nicht der Fall.
Ab welchem Alter können Katzen kastriert werden?
Katzen können bereits mit sechs Monaten geschlechtsreif und somit trächtig werden (manche sogar noch eher), daher sollten sowohl männliche als auch weibliche Katzen spätestens bis zum vierten Lebensmonat kastriert werden. Ist dies bsi dahin nicht geschehen, kann die Kastration jederzeit nachgeholt werden, sofern eine Katze nicht gerade trächtig ist.
Woher kommt das Elend frei lebender Katzen?
Die uneingeschränkte Vermehrung von „in freier Natur“ (sprich: in unserer denaturierten Kulturlandschaft) lebenden herrenlosen oder verwilderten Hauskatzen, beschleunigt durch die Paarung mit unkastrierten Freigängerkatzen, hat dazu geführt, dass die Reviere, die einer frei lebenden Katze zur Sicherung ihrer Ernährung zur Verfügung stehen, immer kleiner werden. Mittlerweile schlagen sich in Schleswig-Holstein 75.000 herrenlose Katzen mehr schlecht als recht durchs Leben.
Zur Veranschaulichung: Während eine einzige Wildkatze, die sich in der Größe kaum von einer Hauskatze unterscheidet, ein zusammenhängendes Waldgebiet von bis zu 10 Quadratkilometern beansprucht, um ihr Überleben zu sichern, leben auf einer Fläche von 10 Quadratkilometern in Schleswig-Holstein rein rechnerisch 50 verwilderte Katzen. In der Praxis ist diese Zahl noch weitaus höher, da von dieser Fläche Verkehrswege, Gebäude und andere für Katzen und deren Beutetiere nicht nutzbare Flächen abgezogen werden müssen.
Als Ergebnis dieser Katzendichte leiden frei lebende Katzen fast durchgängig an Unterernährung, was wiederum ihren Organismus und ihre Abwehrkräfte schwächt und sie anfällig für Krankheiten wie Katzenschnupfen, Katzenseuche und andere schwere Infektionserkrankungen sowie Parasitenbefall macht. Begünstigt wird die Ausbreitung von Krankheiten und Parasiten außerdem dadurch, dass Katzen in überbevölkerten Gebieten meist gezwungen sind, ihr einzelgängerisches Leben aufzugeben und in Nähe zentraler Futterquellen (beispielsweise Abfallcontainern oder vom Menschen eingerichteten Futterstellen) in vergleichsweise engem Kontakt zu anderen Katzen in Gruppen oder Kolonien zusammenzuleben, um ihre Kräfte nicht in ständigen Kämpfen um ohnehin viel zu kleine Reviere zu vergeuden.
Das Gefühl von Glück und Freiheit einer verwilderten Katze in Deutschland im Vergleich zu einer wild lebenden Katze unter natürlichen Bedingungen lässt sich daher ungefähr gleichsetzen mit dem Gefühl von Glück und Freiheit eines Obdachlosen im Vergleich zu einem Urlauber, der eine Wander- und Campingreise durch die Wald- und Fjordlandschaft Skandinaviens macht.
Fazit für alle Katzenhalter in Schleswig-Holstein
Sollte Ihre Katze noch nicht kastriert sein, gibt es keinen besseren Zeitpunkt als jetzt, um dies nachzuholen. Es gibt keinen Grund, dies nicht zu tun, aber unzählige Gründe, es zu tun!
Den Zuschuss bzw. die vollständige Kostenerstattung (Bedingung: Vorlage eines gültigen Bescheids über den Bezug von Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II bzw. XII oder Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII) erhalten Sie im Aktionszeitraum direkt bei allen in Schleswig-Holstein ansässigen Tierärzten – einfacher geht es nicht!